<--Back     Next -->
Häufig Gestellte Fragen

Aufnahme von Patienten in den CRASH-Versuch
  Was ist, wenn der Patient betrunken ist?
 
  • Patienten mit Kopfverletzung und beeinträchtigtem Bewusstseinszustand sind für die Aufnahme in den CRASH-Versuch geeignet, wenn der verantwortliche Arzt in hohem Maße unsicher ist, ob Steroide bei diesem Patienten angebracht sind. Die Frage, ob der beeinträchtigte Bewusstseinszustand bei einem Patienten, der Alkohol getrunken oder Drogen genommen hat, auf die Kopfverletzung oder auf den Drogengebrauch zurückzuführen ist, bleibt der Beurteilung des verantwortlichen Klinikers vorbehalten. Daher ist sowohl die Beurteilung der Ursache des beeinträchtigen Bewusstseinszustands als auch der Angemessenheit von Steroiden von Bedeutung, wenn überlegt wird, ob ein Patient in den Versuch aufgenommen wird. Wenn der verantwortliche Arzt weitgehend sicher ist, dass einem berauschten Patienten Steroide keinen Vorteil bringen, ist er nicht für den Versuch in Betracht zu ziehen. Aber alle jene, bei denen der verantwortliche Arzt in hohem Maße unsicher ist, ob Corticosteroide gegeben werden sollten oder nicht, sind für die Randomisierung geeignet, und möglichst viele solche Patienten sollten für die Teilnahme am Versuch in Betracht gezogen werden. Zum Beispiel:

    1. Ein berauschter junger Mann stürzte in einer Kneipe und hat Platzwunden auf der Kopfhaut. Der Kliniker glaubt, dass der beeinträchtigte Bewusstseinszustand des Patienten höchstwahrscheinlich auf Trunkenheit zurückzuführen ist, dass die Wahrscheinlichkeit einer schweren Gehirnverletzung minimal ist und dass die Verabreichung von Steroiden unangemessen wäre. Der Patient ist nicht in den Versuch aufzunehmen.

    2. Ein junger Mann, der stark getrunken hat, fährt sein Auto mit hoher Geschwindigkeit auf eine Mauer, ist bewusstlos und hat eine schwere Kopfverletzung. Unabhängig von den Hinweisen auf den Rauschzustand, ist der Arzt in hohem Maße unsicher, ob Steroide dem Patienten nützen würden, und registriert ihn daher für die Teilnahme am CRASH-Versuch.

  Was ist, wenn Patienten noch andere Verletzungen außer Kopfverletzungen haben?
 

Wir gehen davon aus, dass ein Großteil der Patienten, die sich für die Teilnahme am CRASH-Versuch eignen, mehrere Verletzungen haben. Wenn der verantwortlich Arzt bei diesen Patienten unsicher ist, ob Steroide angebracht sind, sind sie in den Versuch aufzunehmen.

 

Sind Patienten mit einer Geschichte von Magen-Darm-Beschwerden für die Teilnahme geeignet?

 

Diese kurzfristige Corticosteroid-Behandlung sollte keine schweren Magen-Darm-Blutungen verursachen. Die Entscheidung, ob ein Patient aufgrund einer Geschichte von Magen-Darm-Blutungen ausgeschlossen wird, liegt in der Verantwortung des Arztes des einzelnen Patienten.

 

Sollten wir uns über Blutvergiftung und Magen-Darm-Blutungen Gedanken machen?

 
  • Bis jetzt ist nicht zuverlässig nachgewiesen, dass kurzfristige Corticosteroid-Infusionen das Magen-Darm-Blutungs-Risiko erhöhen. Eine vor kurzem durchgeführte systematische Durchsicht und Metaanalyse randomisierter kontrollierter Versuche mit hohen Dosen von Methylprednisolone bei Patienten, die nach einer Verletzung operiert werden, ergab, dass es keinen Nachweis eines erhöhten Risikos von Magen-Darm-Blutungen gab (Sauerland 2000). In dieser Metaanalyse von 34 randomisierten kontrollierten Versuchen schien das Risiko von Magen-Darm-Blutungen bei Personen, die hochdosiertes Methylprednisolone erhielten, etwa 0,3% höher zu liegen, als bei Patienten, die nicht hochdosiertes Methylprednisolone erhielten, aber das Konfidenzintervall reichte von einem 1% niedrigeren zu einem 1,7% höheren Blutungsrisiko.

    Trotzdem wird der unabhängige Datenüberwachungsausschuss Zwischenanalysen der Sterblichkeitsrate und der Erkrankungsrate (einschließlich Magen-Darm-Blutungen) bei allen Versuchsteilnehmern durchführen und den Organisationsausschuss informieren, wenn die randomisierten Vergleiche des Versuchs sowohl (a) einen Beweis ohne begründeten Zweifel darüber erbringen, dass es unterschiedliche Ergebnisse bei Studienteilnehmern und Kontrollgruppen gibt, als auch (b) Hinweise, die erwartungsgemäß die Wahl der Behandlungsmethode für solche Patienten wesentlich ändern, deren Ärzte im Blick auf die Ergebnisse anderer randomisierter Versuche in hohem Maße unsicher sind, ob sie Patienten mit Kopfverletzung Corticosteroide geben sollten.

    Quelle:

    Sauerland S, Nagelschmidt M, Mallmann P, Neugebauer EA. Risks and benefits of preoperative high dose methylprednisolone in surgical patients. Drug Safety 2000;23(5):449-461.

Zusammenfassung
 

Risiken und Vorteile einer präoperativen hohen Methylprednisolone-Dosis bei chirurgischen Patienten

Stefan Sauerland, Manfred Nagelschmidt, Peter Mallmann and Edmund A. M. Neugebauer

Hintergrund: Eine einmalige präoperative hohe Methylprednisolone-Dosis (15 bis 30 mg/kg) wurde in der Chirurgie befürwortet, weil sie die chirurgische Stressreaktion hemmen und somit das postoperative Ergebnis und die Rekonvaleszenz verbessern kann. Diese potentiellen klinischen Vorteile sind allerdings gegen mögliche Nebenwirkungen abzuwägen.

Ziel: Durchführung einer Risiko-Nutzen-Analyse mit Hilfe einer Metaanalyse. Vergleich von Komplikationsraten und klinischen Vorteilen, die mit der Anwendung hochdosierten Methylprednisolones bei chirurgischen Patienten assoziiert werden.

Verfahren: Randomisierte kontrollierte Versuche mit hochdosiertem Methylprednisolone bei Elektiv- und Unfalloperationen wurden in verschiedenen Datenbanken systematisch gesucht. Die resultierenden Daten bezüglich Nebenwirkungen, postoperativen Schmerzen und Krankenhausaufenthalt wurden herausgesucht und statistisch in Metaanalysen mit festen Effekten zusammengefasst.

Ergebnisse: Wir haben 51 Studien zu Elektiv-Herzchirurgie und anderer Chirurgie sowie Traumatologie gefunden. Die zusammengefassten Daten zeigten keine signifikante Erhöhung der Komplikationsraten. Bei Patienten, die mit Corticosteroiden behandelt wurden, wurde eine unsignifikante Zunahme von Magen-Darm-Blutungen und Wund-Komplikationen beobachtet. Die 95% Konfidenzintervallgrenzen der Zahl der Patienten, die signifikante Nebenwirkungen hatten (NNH - numbers needed to harm) waren 59 bzw. 38. Das einzige signifikante Ergebnis war einer Verringerung von Lungen-Komplikationen (Risikodifferenz: 3,5%; 95% Konfidenzintervall: - 1,0 bis -6,1), vor allem bei Unfallpatienten.

Schlussfolgerung: Für Patienten, die operiert werden, ist eine perioperative hochdosierte Methylprednisolone-Injektion nicht mit einer signifikanten Zunahme des Auftretens von Nebenwirkungen verbunden. Bei Patienten mit mehreren Knochenbrüchen deuten begrenzte Hinweise auf viel versprechende Vorteile von Glucocorticoiden in Bezug auf Lungen-Komplikationen.

Quelle: Drug Safety 2000 Nov: 23(5): 449-461

  Können schwangere Frauen randomisiert werden?
 
  • Schwangerschaft ist keine absolute Kontraindikation zu kurzfristig verabreichten Steroiden. Eine längere Anwendung von Corticosteroiden in der Schwangerschaft kann die fetale Nebennierenrindenentwicklung beeinträchtigen, aber bei einer kurzfristigen Behandlung sollte dies nicht der Fall sein.

    Wenn allerdings der verantwortliche Arzt, der für die Aufnahme eines Patienten zuständig ist, glaubt dass Corticosteroide in der Schwangerschaft kontraindiziert sind, sollte er oder sie keine schwangere Patientin in den Versuch aufnehmen. Das wäre kein Problem für den Versuch, ist doch die Unsicherheit des Arztes das wesentliche Eignungskriterium.

  Kann ein Patient nach der Randomisierung von der Nachbefragung ausgeschlossen werden?
 

Nein. Ein Ergebnis-Formular ist für alle randomisierten Patienten auszufüllen, unabhängig davon, ob die Behandlung letztendlich erfolgt ist oder nur ein Teil der Behandlung durchgeführt wurde (z.B. die Initialdosis). Dies ist im Sinne einer vollständigen und unvoreingenommenen Nachbeobachtung aller Versuchsteilnehmer erforderlich.

  Wie finde ich im Notfall heraus, ob der Patient Steroid oder Placebo bekommen hat?
 

Im Allgemeinen sollte nicht die Notwendigkeit bestehen, die Verblindung der zugewiesenen Behandlung aufzuheben. Wenn sich Kontraindikationen für Corticosteroide nach der Randomisierung entwickeln (z.B. schwere Magen-Darm-Blutungen), ist die Versuchsbehandlung einfach abzubrechen. Eine Aufhebung der Verblindung wurde beim NASCIS-Versuch mit MP bei Rückenmarkverletzung nie als nötig angesehen,1 und sollte nur in jenen seltenen Fällen erfolgen, wenn der Arzt glaubt, dass die klinische Vorgehensweise entscheidend von dem Wissen abhängt, ob der Patient Corticosteroide oder Placebo erhalten hat (z.B. bei Verdacht auf Anaphylaxe). In diesen wenigen Fällen, in denen eine Aufhebung der Verblindung für dringend notwendig erachtet wird, ist der Randkomisierungsdienst anzurufen, der Name des Arztes anzugeben, der die Aufhebung der Verblindung autorisiert, sowie die CRASH-Behandlungspackungsnummer (falls verfügbar). Dann wird dem Anrufer gesagt, ob der Patient Corticosteroid oder Placebo erhalten hat.

1Bracken MB, Shepard MJ, Collins WF, et al. A randomised controlled trial of methylprednisolone or naloxone in the treatment of acute spinal cord injury. N Eng J Med 1990;322:1405-11.